Der Feind wohnt nebenan

wo sich, webauf, webab, zum Glück entsetzt und ablehnend gegenüber dem wieder mal völlig offen ausgelebten Rassismus und Faschismus geäußert wird, passiert aber dennoch ein bedauerlicher, weil gefährlicher Denkfehler.

so ähnlich wie bei der „Abwägung“, wer einem lieber ist, über die ich hier schon gebloggt habe, wird da falsch kategorisiert.

die schreienden, protestierenden und brandstiftenden Massen werden in Schubladen gesteckt, damit sie uns nicht zu nahe kommen. es sind die Freitaler, die Heidenauer, die Sachsen, die Ostdeutschen, es sind die „Bildungskritiker“, die Fließentischklientel, die biertrinkenden Couchsitzer. Hauptsache, sie haben möglichst wenig mit uns zu tun, die wir ja aufgeklärt, weltoffen, hinreichend gebildet, stilvoll, aber naja OK, ein Bier trinken wir ja schon auch mal gern.

das ist zwar alles vollkommen verständlich. am Wunsch, eine möglichst große Distanz zum nationalistischen Lynchmob herzustellen, ist nichts verwerfliches. nur: so groß ist die Distanz eben leider nicht.

es sind eben nicht nur die Sachsen, unter den allnächtlichen (!!!) Brandanschlägen waren z.B. auch welche aus Baden-Württemberg und Niedersachsen.
es sind eben nicht nur die Ostdeutschen, die das, wogegen sie aufgehetzt sind, gar nicht kennen, weil „drüben“ immer noch kaum Migranten egal welchen Backgrounds wohnen, verglichen mit dem Westen Deutschlands.
es sind eben nicht nur die „bildungsfernen Schichten“ (was zur Hölle soll das eigentlich sein?), arbeitslosen, Transferleistungen empfangenden, Privatsenderkonsumenten. Klar, mit denen haben wir nichts zu tun, und „Frauentausch“ schauen wir auch nur rein ironisch an.

wo kommen die denn her, die in Dortmund, Frankfurt, München und sonstwo zu den *gida-Veranstaltungen kommen? extra angereist aus Dresden? wohl kaum.
und ach so, das waren nur rund 200 Leute? um ein Haus anzuzünden braucht es nur einen. um schreiend eine Straße zu blockieren, braucht es nur 15. um ein wirklich, wirklich hässliches Bild abzugeben, braucht es nur 25.
wo kommen die her, die man dann vorsichtig „Protestwähler“ nennt, wenn bei beliebigen Wahlen wieder eine Rechtsaußen-Splitterpartei 5-12% holt?

die Antwort ist: aus deiner Stadt. aus deinem Viertel. aus deiner Straße. aus deinem Haus. aus deinem Stockwerk.

denn das ist das wirkliche Problem. es sind nicht 200 möglichst monströs darstellbare Extremtypen, sondern der ganz allgemeine, tief verwurzelte, nie aufgearbeitete quasi traditionelle Nationalismus und Rassismus, der sich mit „wird man doch noch mal sagen dürfen“ zu Wort meldet. nur einen Facebookfreund entfernt werden Sinti/Roma als „Zickos“ bezeichnet und man hat mit demjenigen 15 gemeinsame Freunde.

vor deinem Haus unterhalten sich die Menschen, dass sie ja gar nichts gegen haben, aber. und dann wird wieder gewichtet und gewertet, nach arbeitenden und nicht arbeitenden Menschen, nach Menschen die leichter oder schwerer Sprachen lernen, nach Menschen, die mehr oder weniger gläubig sind, etc. pp. am Ende vom Lied steht aber immer die Ablehnung von Menschen wegen ihrer Herkunft, egal wie man es dreht und wendet.