Streik! Streik! Generalstreik!

Scheint ein bisschen Blogthema zu werden, die Sache mit den Streiks. Schon der 2. Eintrag ging da drüber, und jetzt bin ich auch grade inspiriert, mich drüber auszulassen.

Es geht ja auch grade gar nicht schlecht zur Sache. Die GDL darf noch paar Tage nicht, wegen der Schlichtung. Die EVG war auch schon kurz davor, konnte den schwarzen Peter aber immer noch grade rechtzeitig zur GDL weiterreichen. Ver.di ist auch aktiv, bestreikt Brief- und Paketpost. Bei den Piloten ist glaub ich grade Ruhe? Ach und ver.di nochmal, streikt außerdem noch im Einzelhandel und bei Amazon. Ach und (zum Zweiten), der soziale Bereich streikt ja mittlerweile auch noch, Erzieher, KiTas, aber auch Sozialarbeiter usw.

Was ist da eigentlich los, die ganzen Dienstleister streiken, und fast alle auf einmal? Und anhaltend, hartnäckig, und das in Deutschland?
Tja, geht um einiges.

Bei der GDL geht es darum, vor dem Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes noch einen Abschluß für die Mitglieder zu schaffen. Das Tarifeinheitsgesetz übrigens, das inhaltlich ziemlich genau das Gleiche ist, wie eine Regelung die 2010 schon vom Verfassungsgericht gekippt wurde. Das heißt auf deutsch: Innerhalb ein und desselben Betriebs dürfen sich die Beschäftigten genau so organisieren, wie es ihnen gefällt. Und jede Organisation hat das Recht, einen eigenen Abschluß auszuhandeln. Alles andere würde die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit ad absurdum führen, denn wenn ich mich zwar organisieren kann, wie ich mag, aber meine Organisation keine Handhabe hat, ist es exakt so viel wert, wie wenn ich mich gar nicht organisieren dürfte.

Die Brief- und Paketzusteller sollen von der eigentlichen Post/DHL ausgelagert werden an kleinere Untergesellschaften. Damit unterlägen sie nicht mehr den Postabschlüssen, sondern irgendwas anderem – selbstverständlich zum Nachteil der Beschäftigten. Genau die Post- und Paketzusteller übrigens, die jetzt schon bekanntermaßen auch bei DHL unter beschissenen Arbeitsbedingungen leiden, unter Überbelastung und Unterbezahlung. Ob die Ausgliederung überhaupt rechtens ist, ist auch fraglich. Der Rechtsweg dauert allerdings seine Zeit, da wäre es die einfachere Lösung, das von vornherein zu verhindern. Find ich nachvollziehbar.

Auszug aus der aktuellen (8.6.15) Info auf www.dhl.de/streikinfo:
„Niemand verliert durch die DHL Delivery seinen Arbeitsplatz. Niemand hat dadurch Lohneinbußen oder den Verlust seines Besitzstandes zu befürchten. Aber nur durch eine dauerhaft wettbewerbsfähige Lohnstruktur können wir uns auch zukünftig erfolgreich am Markt behaupten.“
Keine Lohneinbußen, aber eine wettberwerbsfähige Lohnstruktur. Aaaaaa-ha. Klar. Vollkommen logisch.

Amazon wiederum sinnt auf etwas ähnliches. Amazon, ehemaliger Buchversender, und heute mehr Online-Warenhaus mit mietbaren Verkaufsflächen. Amazon will seine Beschäftigten nicht mehr nach Einzelhandeltarif bezahlen, sondern nach dem für Amazon günstigeren Logistiker-Tarif. Finde ich persönlich ein absolutes Unding. Amazon verkauft schließlich nach wie vor selbst kräftig.
Wickelt auch einiges an Logistik ab, für Händler, die über den Amazon-Marketplace verkaufen, ja, zugegeben. Aber nehmen wir doch mal das Bild vom Kaufhaus. Da hab ich die kaufhaus-eigenen Abteilungen, und die kaufhaus-eigenen Mitarbeiter. Dann hab ich vermietete Verkaufsflächen, mit Mitarbeitern, die bei jemand anderem angestellt sind, also nicht beim Kaufhaus. Wenn an so einer Verkaufsfläche jetzt ein Kaufhausmitarbeiter steht, und meine Sachen eintütet – nach welcher Logik sollte der anders bezahlt werden, als wenn er an einer Kaufhauskasse stünde und das selbe täte?
Genauso unlogisch ist es, dass ein Online-Händler seine Mitarbeiter nach Logistik-Tarif bezahlt, weil sie halt hauptsächlich mit packen und verschicken zu tun haben. Wenn sie das lassen würden, könnte gar nichts verkauft werden – na, merkste was?

Ist natürlich für Amazon doppelt unpraktisch, dass im Einzelhandel auch grade noch gestreikt wird, aber die haben genauso ein Anrecht auf ein auskömmliches Einkommen (kleines Wortspielchen am Rande *kchchch*) wie der soziale Bereich.

Das ist grade gut, dass das ganze Untergeschoss des Wirtschaftshochhauses mehr oder weniger geschlossen die Arbeit niederlegt. Die Hemd- und Kostümchenträger nehmen sich und ihre künstlich erzeugten pseudonotwendigen Schreibtischjobs viel zu wichtig. Wenn keiner mehr irgendwo hin kommt, keine Post mehr bekommt, und die Kinderchens nicht bei der Tagesbetreuung abgeben kann, wird vielleicht mal wieder klar, wer den Laden wirklich am Laufen hält! Da kann ich vom Streik gar nicht genug bekommen.