„Behinderten-Werkstätten sind auch besser als wenn man gar keine Arbeit hat“
steht in einem Kommentar bei FB –
und mir fehlen mal wieder die Worte.
WfbM, Werkstatt für behinderte Menschen, bedeutet arbeiten ohne die Errungenschaften, die für Arbeiter und Angestellte im „freien“ Arbeitsmarkt erstritten wurden (und derzeit schleunigst aufgegeben werden, aus Idiotie und Mangel an Solidargedanken – naja ist ja das Gleiche).
für Beschäftigte in WfbM gilt nicht mal der Mindestlohn. meistens kriegen die bedauernswerten Menschen, die in einer Werkstatt arbeiten müssen (ob der Zwang von außen kommt oder durch verinnerlichte falsche Arbeitsethik ist da ja glatt egal) maximal irgendwas um die 300 Euro für Vollzeit – davon wird dann noch soundsoviel auf die Sozialleistungen angerechnet. gibt es in der Werkstätte kostenlose Verpflegung, wird die idR noch von den Sozialleistungen abgezogen (da reden wir von ALG2-Niveau, im SGB XII/Grundsicherung sind die Regelsätze die gleichen wie im SGB II/Arbeitslosengeld II).
die meisten Träger von Werkstätten sind inzwischen auch dem BWL-Virus anheim gefallen und meinen, rentabel arbeiten zu müssen. das führt dann zB dazu, dass spezialisiertes Pflegepersonal weggespart wird und die zu erledigenden Pflegeaufgaben, zB Toilettengang, vom restlichen Werkstattpersonal betreut werden soll – man muss sich mal vorstellen, dass der eigene Abteilungsleiter einen aufs Klo begleitet und einem den Arsch abwischt. genau so stellt sich das ohne Pflegekräfte aber in den Werkstätten dar. da sind Gruppenleiter, die im Fach qualifiziert sind, zB kunsthandwerklich, die die Produktion betreuen und eben die Leiter sind – und mangels anderer Kräfte sollen die dann auch die pflegerischen Aufgaben übernehmen. und es gibt tatsächlich Leute, die sich sowas ausdenken und für zumutbar halten, für beide Seiten, und sich am End noch wer weiß wie sozial fühlen dabei.
und dann gibt es Betroffene, die sich zum Eingangszitat versteigen. für „Arbeit“ unter menschenunwürdigen Bedingungen zu einem menschenunwürdigen „Lohn“ quasi auch noch dankbar sein. eine tolle Gesellschaft, die dem Menschen nur über Arbeit das Gefühl vermitteln kann, sinnvoll auf der Welt zu sein. ganz egal wie die Arbeit beschaffen ist, wie bzw. ob sie überhaupt entlohnt wird, etc – Hauptsache Arbeit.
die Haltung trifft man ja nicht nur unter Behinderten an, die findet man ja allenthalben – hirn- und sinnfreie Arbeitsgelegenheiten, bei denen nicht mal die Unkosten ersetzt werden, und die dorthin verpflichteten sagen glatt noch, das sei noch besser, als sinnlos zu Hause rumzusitzen. erwachsene, vermeintlich mündige Menschen, die ihr Leben nicht sinnvoll gestalten können, wenn sie nicht weisungsgebunden irgendwelche Aufgaben für andere erledigen.
derartige geistige Verarmung tut mir einfach nur noch körperlich weh.